Autorin: Michi Schreiber
In einer Welt in der immer mehr Menschen den Bezug zu ihrem wahren Ich, der Natur, den Tieren und der nicht-digitalen Wirklichkeit verlieren, ist die wichtigste Frage im neuen Jahr wohl nicht die, wie Du besser, sondern wie Du präsenter, echter und verbundener wirst. Denn was bedeutet besser schon?
Besser – Der Feind der Selbstfindung
Besser, der Komperativ des Wortes gut, impliziert, dass Du vor allem die positiven Seiten Deines Charakters verstärkt leben möchtest. Dass Du eine Steigerung der einzelnen Lebensbereiche erzielen magst und die ein oder andere Zahl vielleicht in die Höhe treiben oder senken möchtest. Dabei ist „besser“ jedoch häufig subjektiv. Ist es besser, weniger zu wiegen und mehr zu verdienen? Ist es besser, nur das an sich zu zeigen, was man mag? Und warum nutzen wir überhaupt das Wort „besser“? Warum nicht tiefer, gesünder, nachhaltiger? Warum nutzen wir nicht die Bildsprache der Natur als Vorbild für das neue Jahr? Denn sind wir nicht alle Naturwesen? Sollten wir dann nicht zurück zur Natur kehren, wenn wir uns selbst finden wollen?
Die Natur als perfekter Ort, um Dich mit Dir zu verbinden
Die moderne westliche Gesellschaft, die Ausbreitung der Städte und die steigenden Populationszahlen sorgen dafür, dass eine natürliche Umgebung im Alltag der meisten Menschen wenig Raum findet. Zwischen asphaltierten Straßen, blinkenden Werbeanzeigen, Verkehrslärm und der nächsten Bahndurchsage sind wir meist überflutet von Reizen, und dabei völlig getrennt von der Natur. Daher spricht man nicht selten davon, dass unsere Gesellschaft sich „naturentfremdet“ hat. Und wenn wir Naturwesen sind, haben wir uns dann auch von uns selbst entfremdet?
So könnte man schlussfolgern. Doch tief in uns scheint der Wunsch der Rückkehr zu mehr Luft, Wildnis und Weite. Denn obwohl die Natur gerade aus dem Alltag der jüngeren Generationen mehr und mehr zu verschwinden scheint – 2019 haben Jugendliche im Schnitt 58 Stunden in der Woche online verbracht – wächst in vielen Menschen die Sehnsucht nach Erdung, Rückverbindung, Erholung oder, salopp gesagt, dem Wochenende im Grünen.
Denn die Natur erweckt in uns etwas, was wir lange nicht fassen konnten. Manche beschreiben es als Ruhe, andere nennen es Frieden. Und tatsächlich zeigen Studien, dass die Konzentration unserer Stresshormone deutlich sinkt, wenn wir in der Natur sind. Ebenso sinken Puls und Blutdruck, denn in der Natur sind körperliche Stressfaktoren und die Anzahl der Reize deutlich gemindert. Somit hat die Natur einen direkten positiven Effekt auf unser Leben!
Meine 3 Tipps für Selbstfindung und Verbundenheit im Jahr 2023
Ich selbst erlebe immer wieder, wie viel die Natur mir schenkt – egal ob die heimischen Wälder oder die südafrikanische Savanne. Draußen zu sein – insbesondere in Verbundenheit mit den Tieren – bringt immer wieder eine Leichtigkeit in mein Leben und lässt mich zurück ins Hier und Jetzt kehren. Daher möchte ich 3 Tipps mit Dir teilen, wie die Natur auch Dir helfen kann, Dich wieder selbst zu finden, anzunehmen und vor allem zu erden.
1. Der Allround-Tipp fürs ganze Jahr: Sei verbunden, aber nicht erreichbar
Schalte Dein Handy aus und gehe regelmäßig in die Natur – mache einen Waldspaziergang, paddel mit dem Surfboard aufs offene Meer hinaus, gehe barfuß durch die südafrikanische Steppe oder lasse den regennassen Boden unter deinen Füßen nachgeben. Egal welches Wetter, egal wo Du bist. Lass Dich von der Natur reinigen.
Eisige Temperaturen machen schlechte Laune? Nein, sie können für Klarheit sorgen. Benutze den eisigen Winter, um bei Minusgraden einen klaren Kopf zu bekommen. Schau einmal deinem sichtbaren Atem zu, wie er als sanft-weißer Dunst aufsteigt und frage Dich: Was möchtest Du loslassen?
Oder finde im Erblühen des Frühlings Kraft, selbst zu wachsen. Das Erwachen der Natur kann uns helfen, selbst zu erwachen. Was konntest Du durch die Wintertage lernen, wo bist Du über Dich hinausgewachsen, in welchem Lebensbereich ist es Zeit aufzublühen?
Lass Dich im Sommer von Sonnenstrahlen auftanken. Wende Dich an sonnigen Tagen dem Himmel zu, breite Deine Arme aus und öffne Dein Herz. Lass die Energie der Sonne in Dich fließen und spüre die Kraft, die in Dir und um Dich herum existiert.
Nutze Regentage besonders, wenn Du heilen möchtest. Der Regen kann eine absolut heilsame Wirkung haben und nasse Tropen im Gesicht beruhigen nicht nur unser Nervensystem – sie helfen uns einen kühlen Kopf in emotionalen Situationen zu bekommen und können uns sogar erlauben, selbst einmal zu weinen.
Die Natur ist Dir in allen Monaten ein wertvoller Begleiter, um die Verbundenheit zu Dir zu stärken und als Naturwesen wahrzunehmen, welche Entscheidungen nun getroffen werden dürfen.
2. Akut-Tipp für Ängste und Panik: 5-4-3-2-1 Jetzt
Das Gedankenkarussell dreht sich und die Ängste kommen in Dir hoch: Dann nutze die 5-4-3-2-1 Methode, um präsent zu werden. Ziehe Dir Deine Schuhe an, gehe nach draußen, atme tief durch und siehe Dich dann ganz bewusst um:
Zähle 5 Dinge auf, die Du sehen kannst
4 Dinge, die Du hörst
3 Dinge, die Du fühlst
2 Dinge, die Du schmeckst
1 Sache, die Du riechst
Atme tief durch – Herzlich Willkommen im Hier und Jetzt.
3. Heilen mit Hilfe der Natur: Gleiche Deinen tiefsten Glaubenssatz mit der Natur ab
„Ich muss perfekt sein“, „Ich muss es allen Recht machen“ oder „Ich muss mich beeilen“ sind typische Glaubenssätze, die uns im Alltag antreiben und das ein oder andere Mal dafür sorgen, dass wir in Stress und Panik geraten. Oft hören wir, dass wir uns von unseren Glaubenssätzen nicht beeinflussen lassen sollten oder diese nicht wahr sind, doch die makellosen Gesichter der Werbeanzeigen, die immer schneller rasenden Fahrzeuge oder Rollenbilder der sozialen Medien zeigen uns etwas völlig anderes: Entweder Du machst mit oder Du bist nicht gut genug. Das Wissen der Natur hat noch lange nicht in die Mitte der Gesellschaft gefunden und doch widerlegt es all unsere inneren Glaubenssätze und zeigt uns, was wirklich wahr ist.
Beginnen wir einmal mit einer typischen Falle, in die jede*r von uns sicher schon einmal getreten ist: Perfektionismus und der Glaubenssatz „Ich muss perfekt sein“. Doch was ist perfekt überhaupt? Laut dem Duden spricht man von perfekt, wenn etwas „so gut ist, dass nicht das Geringste daran auszusetzen ist“. Wir gehen dabei zudem in der Regel von einem Standard aus, dem alle entsprechen müssen. Aber gibt es diesen Standard in der Natur überhaupt? Die perfekte Schneeflocke oder das perfekte Blatt? Wenn es „Perfektion“ in der Natur gäbe, müsste man doch in den Wald gehen und das perfekte Blatt finden können bzw. jedes Blatt gleich sein. Doch tatsächlich ist jedes Blatt anders – jedes einzelne hat seine eigene Form, eine individuelle Färbung und kleine Eigenarten. Sind damit alle Blätter dieser Welt bis auf eines unvollkommen? Nicht gut genug? Oder falsch? Ich denke nicht – und ich denke Du weißt, was das über Dich aussagt.
Gleiches gilt für den Glauben, dass immer alles schnell gehen muss, wir uns beeilen sollten und wir binnen weniger Wochen mit unseren Ideen und Visionen aus dem Boden schießen und erfolgreich sein müssen. Doch schauen wir in die Natur, hat jeder Teil des Ökosystems seine eigenen – meist für menschliche Ansprüche langsamen – Zyklus. Beispielsweise brauchen Apfelbäume in der Regel sieben Jahre bis man das erste Mal Äpfel ernten kann. Manche Bäume tragen die erste Ernte bereits nach vier bis fünf Jahren, die in der Regel jedoch nicht gedeiht – und wir Menschen beschweren uns, wenn unser Herzensbusiness nach zwei Monaten noch keine Erträge erzielt oder unser Buchprojekt sich als mehrjährige Reise gestaltet. Es ist wie es ist – die Natur wächst langsam aber stetig. Tue es ihr gleich!
Ich könnte das Wissen der Natur noch ellenlang für Dich ausführen und Dir erklären, warum die meisten unserer Glaubenssätze mit einem Blick ins Grüne hinfällig werden, doch ich hoffe, dass Dir diese Ansätze bereits helfen, Deine tiefsten Überzeugungen aus einer etwas anderen Perspektive zu betrachten. Einer Perspektive, die vor Modetrends, dem neusten iPhone oder gesellschaftlichen Standards existiert hat.
Schützen wir die Natur – Schützen wir uns
Wir brauchen die Natur – mehr denn je. Um zu überleben. Mental wie auch physisch. Ich wäre heute ohne das Wissen der Natur vielleicht nicht mehr hier, gewiss wäre ich aber nicht so glücklich und mit absoluter Sicherheit keine Tierschützerin für Affen und SPIEGEL-Bestseller-Autorin. Mich seit Jahren mit der Natur zu verbinden, jedes Jahr mehrere Monate in der südafrikanischen Steppe zu leben und mich mit all meinen Fragen an sie zu wenden, hat mir geholfen mich selbst zu finden – und wenn Du erst einmal weißt, wer Du wirklich bist, bist Du unaufhaltbar. Tropische Regenfälle werden kommen, Dürreperioden oder auch mal eisige Winter, aber Deine Wurzeln sind gestärkt genug, um den Stürmen standzuhalten und gleichzeitig in voller Pracht aufzublühen.
Sabine Krause
Tolle Anregungen DANKE